TRÜMMER- & KAHLSCHLAGLITERATUR

Allgemeines über die Epoche

Die "deutsche Kurzgeschichte" ist vor allem Produkt des "Kahlschlags" nach 1945. Dieser Begriff bezeichnete in den Debatten der Zeit den Versuch, einen literarischen Neubeginn zu setzen, eine literarische "Stunde Null" (Alfred Andersch) zu proklamieren. Indem sie auf die Form der Kurzgeschichte zurückgriffen, bezogen sich die Autoren dieser Zeit nicht nur auf amerikanische Vorbilder - als besonders einflussreich gilt Hemingway - sondern setzen sich mit kurzen Texten in einer einfachen und sachlichen Sprache bewusst von den umfangreichen, pathetischen und ideologisch aufgeladenen Werken der nationalsozialistischen Literatur ab. Der neue Stil entsprach dem Programm der Gruppe 47, deren Autoren wesentliche Beiträge zur Entwicklung der Gattung leisteten.

Bis in die 50er Jahre setzten sich viele Kurzgeschichten kritisch mit der Nachkriegszeit auseinander. Es wurden Themen angesprochen wie die Kriegsheimkehr, die Armut Ende der 40er Jahre und die Schwierigkeiten der Soldaten, sich im Frieden zurechtzufinden.

Wichtigste Vertreter und Werke

  • Wolfgang Borchert (1921 - 1947) - Schischyphusch
  • Herbert Malecha ( ) - die Probe

Kurzgeschichten

Die Kurzgeschichte ist eine moderne literarische Form der Prosa, deren Hauptmerkmal eben in der Kürze liegt. Dies wird oft durch eine starke Komprimierung des Inhaltes erreicht. Die Entstehung der Kurzgeschichte wie auch des Fortsetzungsromans hängt eng zusammen mit der Entwicklung des Zeitschriftwesens im 19. Jahrhundert.

Schischyphusch - Wolfgang Borchert

Der kleine Wolfgang besucht mit seiner Mutter und seinem Onkel ein Gartenlokal. Der Onkel ist trotz seiner Kriegsverletzungen, einer Armamputation

 

Beinamputation und einem Schuss in den Kiefer, bei dem er einen Teil seiner Zunge verloren hat und seither lispelt, ein imposanter, selbstbewusster Mann, der seine Lebensfreude nicht verloren hat. Ein ganz anderer Charakter ist der kleine, demütige und beflissene Kellner, der sie bedient. Auch er lispelt, aber aufgrund eines angeborenen Sprachfehlers.

 

 

Als der Onkel die Bestellung aufgibt und der Kellner sie wiederholt, glauben beide, vom

anderen nachgeäfft zu werden. Während sich der gekränkte Kellner die Schmähung verbittet, verlangt der Onkel lautstark, den Wirt zu sprechen.

 

 

Längst verfolgen alle Gäste des Lokals die Auseinandersetzung, deren zunehmende Heftigkeit

den Jungen und seine Mutter mit Scham erfüllt. Erst als der Kellner seinen

 

Sprachfehler durch Herausstrecken seinen kurzen Zunge

 

 

nachweist, löst sich die Anspannung durch eine Mitleidsbekundung des Onkels, der nun auch

seine gespaltene Zunge vorzeigt. Der Onkel bestellt einige Runden Selterswasser / Asbach, und die beiden Leidensgenossen lachen und trinken stundenlang, während der Kellner immer wieder das Wort „Schischyphusch" ausstösst. Als Erster wird der Onkel wieder ernst und fragt, was der Ausruf bedeuten soll. Der Kellner entschuldigt sich verlegen für sein unangemessenes

Verhalten. Er erklärt, dass er seit seiner Schulzeit mit diesem Spitznamen gehänselt wurde, weil sich die

Mitschüler über seine Aussprache des Wortes „Sisyphus“  amüsierten. Dem

 

Onkel treten Tränen in die Augen. Wortlos steht er auf

 

und lässt sich aus dem Lokal führen, während der Kellner allein am Tisch

 

zurückbleibt. Als der Junge seinem Onkel zuflüstert, der Kellner weine,

 

dreht sich der Onkel noch einmal zu ihm um und ruft ihn bei seinem

 

Spitznamen „Schischyphusch“. Er kündigt an, am nächsten Sonntag

 

wiederzukehren, während der Kellner mit seiner Serviette zum Abschied winkt. Aus der Begegnung entsteht eine langjährige Freundschaft, so

 

 

dass man in der Familie des Onkels bald nur noch von seinem Kellner spricht.

 

Die Probe - Herbert Malecha

In der Kurzgeschichte "Die Probe" von Herbert Malecha erzählt der Autor von einem gesuchten Verbrecher namens Jens Redluff, der sich nach 3 Monaten seines Versteckens wieder ans Tageslicht begibt, mit der Absicht außer Landes zu fliehen.
Doch seine erste Begegnung mit der Öffentlichkeit hat schwerwiegende Folgen.
Nur knapp einem Autounfall entronnen, irrt Redluff, erfüllt von Angst und Nervosität, durch die Menschenüberfüllten Strassen. Mit dem gefälschten Pass in der Brusttasche ist er auf der Suche nach einem Schiff welches ihn außer Landes bringen soll. Mitgerissen vom Strom der Menschenmassen, lässt er sich chancenlos wie ein Stück Kork auf dem Wasser treiben.

Er schafft es, sich in eine beruhigte Seitenstraße zu retten. Angezogen vom Geruch von Bier und Essen, und die Hoffnung auf Sicherheit betritt er eine kleine Rotlichtkneipe.
Das von der Straße herrührende Frösteln und seine innere Unruhe finden hier vorerst ein jehes Ende.
In diese entspannte Atmosphäre platzt eine Razzia der Polizei, die Bedrohung für Redluff steigert sich um ein Vielfaches: zwei Polizisten kontrollieren die Ausweise der Gäste. Während einer der Polizisten sich von Tisch zu Tisch die Papiere zeigen lässt, kann Redluff nur noch mit Mühe die Fassung bewahren.
Verkrampft klammert er sich mit seinen Händen an die Tischkante. Doch als der Polizist an seinen Tisch vortritt, findet Redluff seine Balance urplötzlich wieder. Mit einer sicheren Gelassenheit reicht er aus seiner unnatürlichen Ruhe dem Polizisten, nachdem er ihn aufgefordert hat, seinen gefälschten Pass.

Die Probe ist bestanden, denn alles scheint in Ordnung. 

Daraufhin verlässt er das Lokal verlässt mit einer völlig veränderten Wahrnehmung des Geschehens. Er zieht in belebtere Straßen, wo Menschen lachen und schwatzen, und er mitten unter ihnen. Wo vor kurzem noch die Autos lärmend zu einer langen Kette aufgefahren waren, sangen sie jetzt über den blanken Asphalt. Er befindet sich geradezu in Sektlaune. Im Sog der Menschen und im sicheren Gefühl lässt er sich in eine Eingangshalle einer Ausstellung ziehen.
Plötzlich trifft ihn der Ruf "Der! Der!", aus den Lautsprechern. Blitzlichtgewitter bricht über ihn herein. Ein Riesenblumenstrauß und zwei strahlend lächelnde Mädchen haken ihn für ein Photoshooting unter. Redluff ist wie betäubt. Eine geölte Stimme gratuliert ihm als dem hunderttausendsten Besucher der Ausstellung und bittet ihn seinen Namen zu nennen.
Ohne zu Überlegen gibt er seine wahre Identität preis, was auch seine letzte Handlung als freier Mann ist.
Ein Kordon von Polizisten löst sich und kommt langsam auf ihn zu.

Quelle: http://www.schulzeux.de/deutsch/die-probe-von-herbert-malecha_inhaltsangabe-und-zusammenfassung-sowie-interpretation-mit-analyse-und-charakterisierung.html